Corona-Hilfe für Eltern: Verlängerter Anspruch auf Kinderkrankengeld
Die Bundesregierung hat eine weitere finanzielle Hilfe für Eltern auf den Weg gebracht, die ihre Kinder wegen geschlossenen Schulen und Kitas zu Hause betreuen und dafür frei nehmen müssen. Der Bundestag hat die entsprechenden Maßnahmen heute beschlossen, am kommenden Montag entscheidet der Bundesrat in einer Sondersitzung, bevor das neue Gesetz dann in Kraft tritt.
Wir gehen nachfolgend bereits auf die wichtigsten Fragen dazu ein:
Was besagt die neue Regelung?
Die neue Regelung beinhaltet einen Anspruch von Eltern auf ein erweitertes Kinderkrankengeld gem. § 45 Abs. 2 a Sozialgesetzbuch (SGB) V. Die Anzahl der sog. „Kinderkrankentage“ wird von 10 auf 20 Tage für jedes gesetzlich krankenversicherte Elternteil (Alleinerziehende: Erhöhung auf 40 Tage) und je Kind erhöht. Bei mehreren betreuungsbedürftigen Kindern beträgt der Anspruch je Elternteil maximal 45 Tage (Alleinerziehende: maximal 90 Tage).
Berechtigt sind Eltern von Kindern bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres oder von aufgrund von Behinderung betreuungspflichtigen Kindern.
Kinderkrankengeld bedeutet, dass der betreffende Elternteil für den entsprechenden Zeitraum – die „Kinderkrankentage“ – bei Krankschreibung des Kindes einen Freistellunganspruch gegenüber dem Arbeitgeber von seiner Arbeitsleistung hat. Damit einhergehend hat der Arbeitnehmer für den entsprechenden Zeitraum einen Anspruch gegen seine gesetzliche Krankenkasse in Höhe von 90 % des Nettoentgeltes.
Diese „Kinderkrankentage“ wurden mit der neuen Regelung nicht nur erhöht, sondern der Anspruch besteht fortan auch dann, wenn die Kinder gesund sind, aber deren Betreuung notwendig ist, weil Betreuungseinrichtungen und Schulen aus Gründen des Infektionsschutzes geschlossen sind, die Präsenzpflicht aufgehoben ist oder das Kind in Quarantäne ist.
Wie erfolgt die Beantragung des Kinderkrankengeldes?
Eltern müssen gegenüber ihrer gesetzlichen Krankenkasse bei Stellung des Antrags auf Kinderkrankengeld die Betreuungsnotwendigkeit für ihr Kind nachweisen, z.B. durch eine Bescheinigung der Schule/ Kita, dass diese derzeit geschlossen ist und eine Notbetreuung nicht sichergestellt werden kann. Eine entsprechende Musterbescheinigung soll laut Bundesregierung von den Krankenkassen in Kürze zur Verfügung gestellt werden.
Nähere Informationen zur Erbringung dieses Nachweises erteilt die jeweilige Krankenkasse.
Eltern sollten stets im Blick behalten, dass sie im Zweifelsfall nachweisen müssen, weshalb sie das Kind tatsächlich und selbst zu Hause betreuen mussten. Der Nachweis misslingt z.B., wenn der andere Elternteil aufgrund von Kurzarbeit ohnehin zu Hause ist.
WICHTIG: Der Arbeitgeber leistet für den Freistellungszeitraum – anders z.B. als beim Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (s.u.) – hier KEINE Entgeltfortzahlung, sondern stellt den Arbeitnehmer für die Kinderkrankentage unbezahlt frei. Der Arbeitnehmer selbst muss den Erstattungsantrag bei der Krankenkasse stellen.
Dem Arbeitnehmer stehen also insbesondere keine zusätzlichen Urlaubstage oder Ähnliches zu.
Das Geld wird von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt, die Bundesregierung stellt hierfür den gesetzlichen Krankenkassen einen Bundeszuschuss zur Verfügung.
Welche Alternativen zu den Kinderkrankentagen gibt es?
Der Gesetzgeber hat bereits im März 2020 eine Regelung ins Infektionsschutzgesetz (IfSG) eingefügt, wonach Beschäftigte eine Entschädigung in Geld erhalten, wenn wegen der Schließung von Einrichtungen eine Betreuung des Kindes zuhause erfolgen muss. Die sog. „Elternhilfe Corona“ ist in § 56 Abs. 1 a IfSG geregelt. Nach dieser Regelung gibt es nur 67 % des Nettoentgelts, maximal 2.016 EUR pro Monat, erstattet – beim Kinderkrankengeld immerhin 90 % des Nettoentgelts.
Ein weiterer Unterschied ist, dass die „Elternhilfe Corona“ vom Arbeitgeber ausgezahlt wird und dieser anschließend bei der zuständigen Landesbehörde einen Erstattungsanspruch stellt.
Ein weiterer Nachteil ist, dass nach Ansicht der Regierung vor der Inanspruchnahme der „Elternhilfe Corona“ gem. § 56 Abs. 1a IfSG Resturlaub aus dem Vorjahr zunächst aufgebraucht werden muss. Auch Überstunden-Guthaben müssen zur Vermeidung der Elternhilfe vorrangig abgebaut werden.
Eltern „fahren“ also deutlich besser, wenn sie vorrangig die Kinderkrankentage und erst nach deren Aufbrauchen die „Elternhilfe Corona“ in Anspruch nehmen! Eine parallele Inanspruchnahme ist aber natürlich nicht möglich, für die Dauer der „Kinderkrankentage“ ruht der Anspruch nach § 56 IfSG für beide Elternteile.
Aktuelle Urlaubsansprüche aus dem laufenden Tage müssen keinesfalls vorrangig vor den Kinderkrankentagen genommen werden. Allerdings müssen Eltern natürlich immer bedenken, dass es für Urlaubstage volles Gehalt gibt. Eine geschickte Kombination verschiedener Möglichkeiten kann sich also durchaus lohnen, um die Verdiensteinbußen so gering als möglich zu halten.
Besteht der Anspruch auch bei möglichem Homeoffice?
Der Anspruch auf das Kinderkrankengeld besteht unabhängig davon, ob die geschuldete Arbeitsleistung nicht auch grundsätzlich im Homeoffice erbracht werden kann oder der Elternteil wegen dauerhaften Homeoffices ohnehin zu Hause ist. Der Arbeitgeber kann auch nicht verlangen, dass an den Kinderkrankentagen nebenbei Arbeit aus dem Homeoffice erbracht wird. An Kinderkrankentagen besteht Anspruch auf vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung. Für Arbeitstage, für welche der Arbeitgeber Lohn zahlt, kann kein Kinderkrankengeld beantragt werden.
Ab wann kann von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden?
Die Regelung tritt rückwirkend zum 5. Januar in Kraft, d.h., für Arbeitstage seit dem 5. Januar, an denen Eltern zur Kinderbetreuung zu Hause geblieben sind, kann der Arbeitgeber sie in der Lohnabrechnung unbezahlt freistellen und die Eltern beantragen Kinderkrankengeld bei der Krankenkasse.
Interessant ist außerdem noch, dass Elternteile, die beide berufstätig und gesetzlich versichert sind, sich ihre Anspruchstage auf Kinderkrankengeld gegenseitig übertragen können. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber damit einverstanden ist, der die weitergehende Freistellung des betreuenden Elternteils gewähren muss.
Außerdem können sich die Eltern bei der Inanspruchnahme der Kinderkrankentage abwechseln. Der Nachweis der Betreuungsnotwendigkeit muss dann aber unter Umständen gegenüber beiden Krankenkassen erbracht werden.
Näheres erfahren gesetzlich Versicherte über ihre jeweilige Krankenkasse, sobald das neue Gesetz in der kommenden Woche in Kraft tritt.
Die Rechtsabteilung steht für Rückfragen, wie gewohnt, gerne zur Verfügung.
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