Kurzarbeit im Rahmen der Corona-Krise – Teil 1
Was ist Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit bei entsprechender Minderung der Vergütung. Neben der geminderten Vergütung erhält der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, welches der Arbeitgeber mit dem geminderten Nettolohn auszahlt.
Die Bundesagentur für Arbeit erstattet an den Arbeitgeber auf Antrag bei Vorliegen der entsprechenden Rahmenbedingungen (s. unten) das Kurzarbeitergeld.
Die Möglichkeit der Kurzarbeit besteht grundsätzlich für alle versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. In Ausnahmefällen gilt das auch für Auszubildende, nicht vorgesehen ist sie hingegen für nicht versicherungspflichtige Mitarbeiter, z.B. 450 €- Kräfte. Freie Mitarbeiter unterfallen wegen ihrer Selbstständigkeit der Regelung ebenfalls nicht.
Wann kann ich als Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht zur einseitigen Anordnung von Kurzarbeit berechtigt, da er die vereinbarte Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer grundsätzlich nicht einseitig kürzen darf.
Vielmehr bedarf er hierzu einer besonderen rechtlichen Grundlage. Diese kann entweder bereits im Arbeitsvertrag angelegt sein, durch Tarifvertrag, durch eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat oder durch individuelle Abrede mit dem Arbeitnehmer geschaffen werden.
Falls noch keine rechtliche Grundlage vorliegt, empfehlen wir Folgendes:
Reden Sie mit jedem einzelnen betroffenen Arbeitnehmer darüber, ob er angesichts der aktuellen Krise bereit ist, vorübergehend in Kurzarbeit zu gehen. Klären Sie ihn über die Umstände und die Tatsache, dass die Reduzierung vorübergehend notwendig ist, vollständig auf.
Wenn ein entsprechender Kompromiss mit dem Arbeitnehmer gefunden werden kann, sollte dieser unbedingt auch verschriftlicht werden. Halten Sie in einer Vereinbarung, die beide Parteien unterzeichnen, fest, dass der Arbeitnehmer sich mit einer vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit für die Dauer der Corona-Krise auf eine bestimmte Stundenzahl einverstanden erklärt, sofern von der Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen (vgl. nächster Punkt) gewährt wird.
Wir stellen Ihnen jederzeit gerne eine Word-Vorlage zur Anpassung für Ihre Mitarbeiter zur Verfügung. Sprechen Sie uns gerne an (Kontakt s. unten).
Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt sein, um Kurzarbeitergeld bekommen zu können?
Die Bundesregierung hat auf die zugespitzte Situation der letzten Tage durch ein Gesetz zur erleichterten Einführung von Kurzarbeit vom 13.03.2020 reagiert, welches rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten ist. Damit ist für Unternehmen die Einführung der Kurzarbeit künftig leichter und der Staat entlastet auch den Arbeitgeber weiter.
Die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit sind nunmehr Folgende:
- Mit dem Arbeitnehmer wurde eine arbeitsrechtliche Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart.
- Es liegt ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vor. Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt vor, wenn mindestens 10 % (bislang: ein Drittel) der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer oder der vom Ausfall betroffenen abtrennbaren Abteilung von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.
- Der Arbeitsausfall beruht auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis. Der Arbeitsausfall wegen der wirtschaftlichen Entwicklungen aufgrund der Corona-Pandemie ist als „unabwendbares Ereignis“ anerkannt worden. Insofern besteht keine Nachweispflicht für den Arbeitgeber mehr.
- Keine Voraussetzung mehr ist der Aufbau negativer Arbeitszeitsalden, der bislang in Betrieben, die Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen nutzten, ausgereizt werden musste.
- Der Arbeitsausfall ist vorübergehender Natur, das heißt, es kann mit einem späteren Übergang zur regulären Arbeitszeit wieder gerechnet werden. Auch das ist in der aktuellen Krise der Fall.
- Der Arbeitsausfall wurde der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt (s. unten).
- Der Arbeitnehmer setzt nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fort und es erfolgt keine Kündigung.
Welche weiteren Lockerungen gibt es im Zuge der Corona-Krise bei diesen Rahmenbedingungen?
- Künftig können auch Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld beziehen.
- Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für die Beschäftigten vollständig weiterzahlen müssen, wird die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten.
Wie schnell kann die Kurzarbeit eingeführt werden und was ist zu tun?
Kurzarbeit kann sehr kurzfristig eingeführt werden.
Folgende Schritte sind zu beachten:
- Der Arbeitsausfall ist bei der zuständigen Agentur für Arbeit (ermittelbar für den Sitz des Betriebs unter https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/metasuche/suche/dienststellen) unter Darlegung, dass die Rahmenbedingungen (s.o.) vorliegen, schriftlich anzuzeigen. Für die Anzeige kann folgender Vordruck verwendet werden: https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf.
Die Agentur für Arbeit entscheidet unverzüglich, ob die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld dem Grund nach vorliegen. Der Arbeitgeber errechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Beschäftigten (neben dem verminderten Lohn, wenn weiter bei verminderter Stundenzahl gearbeitet wird) aus.
- Im Anschluss daran richtet der Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag auf Erstattung des von ihm verauslagten Kurzarbeitergeldes an die Agentur für Arbeit. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab dem Kalendermonat der Auszahlung zu stellen. Unter folgendem Link kann der Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes abgerufen werden: https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf.
Hilfen bei der Antragserstellung bietet die zuständige Agentur für Arbeit oder der Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit der Rufnummer: 0800 4 5555 20.
Wenn Ihre Löhne bei uns im Haus abgerechnet werden, brauchen wir von Ihnen hierzu die Angabe der von der Bundesagentur für Arbeit erhaltenen „KUG-Nummer“ sowie der in der nachfolgenden Tabelle zu machenden Angaben für den kompletten Monat, für den das Kurzarbeitergeld berechnet werden soll:
Sie können die Liste hier downloaden.
Wir stellen Ihnen auf Nachfrage die Tabelle gerne kurzfristig im Excel-Format zur Verfügung.
In welcher Höhe wird Kurzarbeitergeld gezahlt?
Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeiter erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen Nettoentgelts. Hat der Arbeitnehmer ein Kind „im steuerlichen Sinne“ (§ 32 EStG), beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes steht ebenfalls auf der Website der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung.
Über die Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers während der Corona-Krise hatten wir Sie bereits mit Schreiben vom 11. März 2020 informiert:
https://kittl-partner.de/aktuelles/corona-infos/arbeitsrechtliche-auswirkungen-des-coronavirus-covid-19/
Bei weiteren Fragen rund um die Möglichkeit und die Umsetzung der vorübergehenden Einführung von Kurzarbeit in Ihrem Betrieb steht Ihnen die Rechtsabteilung der Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.
Kontakt:
Rechtsanwältin Eileen Strohschen
Eileen.Strohschen@kittl-partner.de
0991/37 005-513
Rechtsanwältin Kristina Günzkofer
Kristina.Guenzkofer@kittl-partner.de
0991/37 005-304
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