Kurzarbeit im Rahmen der Corona-Krise – Teil 4
Nachfolgend informieren wir Sie zu einigen weiteren Besonderheiten zum Thema „Kurzarbeitergeld“.
Müssen bei der Kurzarbeit alle Mitarbeiter hinsichtlich des Umfangs des Arbeitsausfalls gleich behandelt werden?
Kurzarbeit muss zunächst einmal nicht für den gesamten Betrieb eingeführt und angezeigt werden. Die Kurzarbeit kann auch auf einzelne Betriebsabteilungen beschränkt sein. Es ist stets darauf zu achten, dass nachweisbare Gründe dafür bestehen, weshalb die eine Abteilung in Kurzarbeit geschickt wird und eine andere Abteilung aber noch (unvermindert) weiter arbeitet (Bsp.: Beschränkungen im Verkauf à Mitarbeiter Verkauf gehen in Kurzarbeit, Verwaltung bleibt aber wegen Telefondienst und sonstiger Bürotätigkeiten im Einsatz).
Auch die Arbeitszeit der betroffenen Beschäftigten muss nicht in gleichen Teilen reduziert werden. So kann ein Angestellter beispielsweise 50 Prozent weniger arbeiten, ein anderer dafür nur 20 Prozent und ein dritter 80 Prozent. Wichtig ist, dass die allgemeinen Voraussetzungen für Kurzarbeit (mindestens 10 % Arbeitsausfall bei mindestens 10 % der Beschäftigten) vorliegen. Ist das gegeben, ist der Arbeitgeber in seiner Entscheidung frei, wie weit die Arbeitszeit im Einzelnen herabgesetzt wird – die Zustimmung des Arbeitnehmers vorausgesetzt, sofern kein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung ihm die Reduzierung einseitig erlaubt.
Auch die Einbringung von Resturlaub (die Einbringung ist Voraussetzung der Erstattung des Kurzarbeitergelds) und Überstunden bis zu der im Teil 2 des Beitrags unserer Kanzlei zum Thema „Kurzarbeit“ beschriebenen Grenze ist individuell je Mitarbeiter zu sehen. Während also der eine noch seinen übrigen Resturlaub abfeiert und damit regulär bezahlt wird, kann der andere Mitarbeiter bereits in Kurzarbeit sein und Kurzarbeitergeld erhalten.
Wie sind Urlaub und Feiertage während der Kurzarbeit zu behandeln?
Die Kurzarbeit hat keine Auswirkungen auf den jährlichen Urlaubsanspruch.
Wenn der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit Urlaub nimmt, erhält er sein ungekürztes Arbeitsentgelt trotz Kurzarbeit weiter. Für die Dauer des Urlaubs ist nicht das reduzierte Kurzarbeitergeld, sondern das ungekürzte Entgelt zu zahlen. Es besteht auch kein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit für diesen Zeitraum.
Faktisch wird dies dadurch erreicht, dass bei Angabe der Soll- und Ist-Arbeitszeit für die Lohnerrechnung nicht die verminderte Ist-Zeit, sondern die Sollzeit, die ohne Kurzarbeit gearbeitet werden würde, angegeben wird.
Eine Kürzung des Jahresurlaubs bei längerer Kurzarbeit ist unter gewissen Umständen europarechtlich gebilligt. Sprechen Sie uns bitte individuell an, wenn Sie den Jahresurlaub Ihrer Mitarbeiter aufgrund der Kurzarbeit kürzen möchten.
Fällt ein Feiertag in den Kurzarbeitszeitraum, so gilt § 2 Abs. 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes:
„Die Arbeitszeit, die an einem gesetzlichen Feiertag gleichzeitig infolge von Kurzarbeit ausfällt und für die an anderen Tagen als an gesetzlichen Feiertagen Kurzarbeitergeld geleistet wird, gilt als infolge eines gesetzlichen Feiertags (…) ausgefallen.“
Damit gilt: an Feiertagen während der Kurzarbeitsperiode hat der Arbeitgeber zur Entlastung der Bundesagentur für Arbeit dem Arbeitnehmer das Entgelt fortzuzahlen. Auch wenn keine Kurzarbeit bestünde, müsste der Arbeitgeber das Entgelt fortzahlen, ohne dass der Arbeitnehmer zur Arbeit erscheint.
Fortzuzahlen ist demnach
- das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die verringerte Arbeitszeit am Feiertag ausgefallen ist
- und das Kurzarbeitergeld, das der Arbeitnehmer ohne den Feiertag erhalten hätte.
Was ist zu beachten, wenn der Arbeitnehmer neben der Kurzarbeit einen Nebenjob ausübt?
Ein bereits bestehender Nebenjob, z.B. als 450 EUR- Kraft, ist bei der Errechnung des Kurzarbeitergeldes unerheblich. Es erfolgt keine Anrechnung.
Wer aber während der Kurzarbeit einen neuen Nebenjob annimmt, um die Lohneinbußen auszugleichen und die gewonnene Zeit so zu nutzen, muss seinen ersten Arbeitgeber UND die Agentur für Arbeit darüber informieren. Denn das Nebeneinkommen wird auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Dafür wird für den Nettolohn aus dem Nebenjob ein fiktives Kurzarbeitergeld berechnet, welches dann von dem tatsächlichen Kurzarbeitergeld aus dem ersten Job abgezogen wird.
Auf welcher Grundlage berechnet sich das Kurzarbeitergeld, wenn der Arbeitnehmer über der Beitragsbemessungsgrenze verdient?
Der Berechnung des Kurzarbeitergeldes liegt die Differenz aus dem Istentgelt (=tatsächliches Bruttoentgelt im Monat der Kurzarbeit) und dem Sollentgelt (=beitragspflichtiges Bruttoentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall im Anspruchsmonat verdient hätte) zugrunde.
Als Sollentgelt ist dabei aber grundsätzlich das regelmäßige laufende Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt in den alten Bundesländern 2020 bei 6.900,00 EUR pro Monat. Nur bis zu diesem Bruttobetrag werden entsprechende Beiträge entrichtet.
Hieraus folgt, dass beim Kurzarbeitergeld – ebenso wie beim Arbeitslosengeld – der Entgeltausfall bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze abgesichert ist.
Liegt also auch während der Kurzarbeit das erzielte Istentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, kann kein Kurzarbeitergeld gezahlt werden. Liegt das Istentgelt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, ist nur die Differenz zum gedeckelten Betrag von 6.900,00 EUR für die Errechnung des Kurzarbeitergeldes ausschlaggebend.
Für Rückfragen steht Ihnen die Rechtsabteilung, wie gewohnt, gerne zur Verfügung.
Deggendorf, 21.03.2020
Kontakt:
Rechtsanwältin Eileen Strohschen
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