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Senkung der Umsatzsteuersätze im Rahmen des Konjunkturpakets – Was ändert sich und was muss bis 30. Juni umgesetzt werden?

Wie gewohnt halten wir Sie mit allen Informationen zur Senkung des Umsatzsteuersatzes im Rahmen des Konjunkturpakets auf dem laufenden, die aktuell verfügbar sind.

Nachdem aber offenbar die Finanzverwaltung von diesem Schritt genau so überrascht war, wie alle Unternehmer und ihre Berater, sind momentan noch viele Fragen offen.

Derzeit klärt eine Arbeitsgruppe im BMF, wie die Umsetzung im Detail erfolgen soll und welche Maßnahmen noch getroffen werden können, um den (inzwischen erkannten!) Umstellungsaufwand für die Unternehmer etwas abzufedern.

Der Gesetzesentwurf wird voraussichtlich in einer Sondersitzung des Bundesrats vor dem 30.06.2020 verabschiedet. Ein erläuterndes BMF-Schreiben wird erwartet, allerdings ist unklar, wann.

Die momentan am häufigsten gestellten Fragen können aber teilweise schon unter Vorbehalt beantwortet werden.

1.) Wer profitiert von der Steuersatzverminderung?

Bei Umsätzen, die zwischen zwei vorsteuerabzugsberechtigen Unternehmern ausgeführt werden, hat die Steuersatzreduzierung keinerlei Auswirkung.

Bei Unternehmen, die nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, und bei Endverbrauchern stellt die Umsatzsteuer einen echten Kostenfaktor dar.

Unter diesem Gesichtspunkt macht es insbesondere für Ärzte, Kleinunternehmer, Bauträger, Verbände, kirchliche Verbindungen oder gemeinnützige Organisationen bzw. im gesamten Non-Profit-Bereich Sinn, die Weichen so zu stellen, dass sie von der Steuersenkung profitieren.

2.) Für welche Lieferungen oder Leistungen gelten die verminderten Steuersätze?

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG sind die verminderten Steuersätze auf alle Lieferungen / sonstigen Leistungen / innergemeinschaftliche Erwerbe und Einfuhren anzuwenden, die ab dem 01.07.2020 ausgeführt werden. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es somit genauso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Bezahlung oder der Rechnungsstellung.

Werden statt einer Gesamtleistung Teilleistungen erbracht, kommt es für die Anwendung der verminderten Steuersätze drauf an, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden.

Teilleistungen liegen vor, wenn eine Gesamtleistung wirtschaftlich teilbar ist, die Teilleistungen gesondert vereinbart und getrennt abgerechnet werden. Zudem müssen die Teilleistungen bei Werklieferungen oder Werkleistungen gesondert abgenommen werden, hierzu bedarf es aber einer Einzelfallbetrachtung.

Außerdem ist zu beachten, ob eine Bruttopreis- oder eine Nettopreisvereinbarung mit dem Kunden getroffen worden ist.

3.) Welche weiteren Bereiche sind von der Steuersatzänderung betroffen?

Die folgende Checkliste soll Ihnen eine grobe Übersicht liefern, welche weiteren Einzelsachverhalte voraussichtlich betroffen sind.

Bitte beachten Sie, dass es sich hier um Ableitungen aus früheren Steuersatzänderungen handelt und endgültige Aussagen erst getroffen werden können, wenn das erwartete BMF-Schreiben vorliegt, worauf Sie für rechtzeitige Anpassungshandlungen aber nicht warten können.

Bei einer Vielzahl von Geschäftsvorfällen ist im Hinblick auf eine korrekte Besteuerung strikt auf den Lieferungs- oder Leistungszeitraum abzustellen, um den korrekten Steuersatz zu ermitteln:

– Abo-Verträge

Hier ist eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, gegebenenfalls kann mit dem verminderten Steuersatz abgerechnet werden. Bei Fragen kommen Sie gerne auf uns zu.

– Boni

Jahresboni stellen eine nachträgliche Änderung der ursprünglichen Bemessungsgrundlage dar. Hier muss die erbrachte Leistung aufgeteilt werden.

– Leasing-Sonderzahlungen

Die Leasingsonderzahlung ist eine Anzahlung auf den gesamten Leasingzeitraum und ist demzufolge aufzuteilen. Hier sollte auf das BMF-Schreiben gewartet werden.

– Lizenzen

Lizenzen sind Dauerleistungen, die mit Ablauf des vereinbarten Leistungszeitraum als erbracht gelten. Hier sollte auf das BMF-Schreiben gewartet werden.

– Pkw-Überlassung an Mitarbeiter / Private Kfz-Nutzung von Einzelunternehmern

Es ist auf den Leistungszeitraum abzustellen.

– Rechnungseingangsprüfung Vorsteuerabzug

Es bietet sich an, eine Verfahrensanweisung zur Rechnungsprüfung unter dem Aspekt der Steuersatzänderung zu verfassen.

– Skonti

Die Besteuerung von Skonti erfolgt analog zur Besteuerung der ursprünglich erbrachten Leistung.

– Umtausch von Gegenständen

Es ist bei der Rücklieferung und die neue Lieferung auf den Leistungszeitpunkt zu achten.

 

Darüber hinaus gibt es bei einigen Sachverhalten Sonderregelungen zu beachten

– Abschlagsrechnungen

Wurden bis 30.06.2020 Abschlagsrechnungen erstellt und wird die Leistung erst im Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020 erbracht, so sind die Abschläge mit der Schlussrechnung zu korrigieren. Dies gilt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG auch für die Istbesteuerung (trotz Zuflussprinzips) und auch bei Bauleistungen, die dem Übergang der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG unterliegen.

Da die Korrekturmodalitäten noch nicht feststehen, wird empfohlen, momentan – soweit es möglich ist – auf die Erstellung von Abschlagsrechnungen zu verzichten.

– Buchhaltung bei Selbstbuchern

Ausgangsseitig sind neue Erlöskonten anzulegen, da 19%ige Umsätze und 16%ige Umsätze getrennt auszuweisen sind (sowie analoge Trennung 7%ige Umsätze und 5%ige Umsätze).

Wenn Sie mit Automatik-Steuerschlüsseln buchen, müssen neue Schlüssel angelegt werden, aber keinesfalls dürfen die bestehenden Schlüssel überschrieben werden.

Die programmtechnische sowie kassentechnische Umstellung ist von Ihrem Anbieter abhängig und mit diesem zeitnah abzustimmen.

Eingangsseitig werden neue Konten für innergemeinschaftliche Erwerbe benötigt. Hinsichtlich bezogener Reverse Charge Leistungen (§ 13b UStG) sind neue Steuerschlüssel anzulegen

– Dauerleistungen

Dauerleistungen in Form von sonstigen Leistungen gelten als an dem Tag erbracht, an dem die der vereinbarte Leistungszeitraum endet. Hier sind eventuell Vertragsanpassungen vorzunehmen, um nicht 19% USt ans Finanzamt zu schulden (§ 14c UStG).

– Gutscheine

Es muss unterschieden werden zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen. Einzweckgutscheine sind im Ausgabezeitpunkt zu besteuern, während bei Mehrzweckgutscheinen auf die Einlösung abgestellt wird.

– Hotellerie und Gastrobereich

Dieser Bereich ist von zwei befristeten Steuersatzsenkungen betroffen, zum einen von der Senkung des Steuersatzes bei der Abgabe von verzehrfertig zubereiteten Speisen und zum anderen von der allgemeinen Steuersatzsenkung. Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

– Intercompany-Verrechnungen

Bei regelmäßigen Verrechnungen innerhalb einer Unternehmensgruppe ist zu differenzieren, ob es sich um Teilleistungen oder um Dauerleistungen handelt.

 

Für genauere Informationen, ob noch Erleichterungen zur Umsetzung kommen oder wie die Korrektur von Abschlägen detaillierte zu erfolgen hoffen wir auf Informationen im ausstehenden BMF-Schreiben.

 

Für Rückfragen oder ein Beratungsgespräch steht Ihnen unser Umsatzsteuer-Team gerne zur Verfügung.

 

Petra Weikl
Diplom-Kauffrau
Zertifizierte Fachkraft für das Umsatzsteuerrecht (IFU/IWIST)

Pascal Wirth
Steuerberater

 

Bildnachweis: pixabay