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Geplante Neuregelung für Photovoltaik–Anlagen ab 01.01.2023

Das Bundeskabinett hat am 14.09.2022 den Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 beschlossen; dieser Beschluss erlangt erst nach Zustimmung des Bundesrats Gesetzeskraft (ca. Nov / Dez 2022). Die folgenden Ausführungen basieren somit auf einem Gesetzesentwurf, Änderungen sind nicht ausgeschlossen.

Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem ertragssteuerliche und umsatzsteuerliche Vereinfachungen für bestimmte Photovoltaikanlagen vor, wobei beide Steuerarten in ihren Auswirkungen strikt zu trennen sind.

1. Befreiung von der Einkommensteuer

Welche Anlagen sind begünstigt?

  1. PV-Anlagen mit bis zu 30 kW (lt. Marktstammdatenregister) auf, an oder in
  • Einfamilienhäusern (inkl. Dachflächen von Garagen, Carports oder anderen Nebengebäuden) oder
  • nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilien)
  1. PV-Anlagen auf, an oder in überwiegend zu Wohnzwecken genutzten sonstigen Gebäuden (z.B. gemischte Nutzung) mit bis zu 15 kW je Wohn- oder Gewerbeeinheit Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW pro Steuerpflichtigem oder pro Mitunternehmerschaft.

Von der Neuregelung profitieren somit nicht nur private Immobilienbesitzer, sondern auch Privatvermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermietungsunternehmen.

  • Doppelhaushälften gelten dabei als eigenes Wohnhaus (PV-Anlage bis 30 kW steuerfrei)
  • Ein Zweifamilienhaus umfasst hingegen zwei Wohneinheiten (2 Anlagen à 15 kW steuerfrei)
  • Sofern vermögensverwaltende Personengesellschaften (z.B. Vermietungs-GbRs) nur begünstigte PV-Anlagen betreiben, führt dies nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte.

Somit könnten auf den Mietobjekten PV-Anlagen mit bis zu 15 kW je Wohn- oder Gewerbeeinheit (max. 100 kW) installiert werden, um die Mieter mit selbst produziertem Strom zu versorgen.

Muss der erzeugte Strom einer bestimmten Verwendung zugeführt werden?

Die Steuerbefreiung ist nicht an bestimmte Verwendungszwecke gebunden. Ertragssteuerfrei sind somit nicht nur die Einnahmen aus PV-Anlagen, bei denen

  • der erzeugte Strom vollumfänglich in das öffentliche Netz eingespeist wird, sondern auch
  • Einnahmen aus Anlagen, deren produzierter Strom zur Aufladung von privaten oder betrieblichen E-Autos verwendet wird,
  • der von Mietern genutzt wird oder
  • der dem Eigenverbrauch dient.

Entgegen dem derzeit geltenden ertragssteuerlichen Wahlrecht auf Anwendung der Regelungen zur Liebhaberei bei PV-Anlagen bis 10 kW stellen die vorgesehenen Neuregelungen künftig eine gesetzliche Befreiung dar. Die ertragssteuerliche Steuerbefreiung dürfte somit automatisch auch für Bestandsanlagen gelten, die die o.g. Voraussetzungen erfüllen.

Sofern nur steuerfrei Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigen PV-anlagen erzielt werden, braucht dafür keine Anlage EÜR in der Einkommensteuererklärung mehr abgegeben zu werden.

Umgekehrt können in diesem Fall auch keine Abschreibungen, Sonderabschreibungen oder sonstigen Werbungskosten mehr geltend gemacht werden.

Reparaturmaßnahmen (nicht aber die erstmalige Montage) können ggf. als Handwerkerleistungen in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

2. Befreiung von der Umsatzsteuer

Bei der Umsatzsteuer wurde für Umsätze ab 01.01.2023 ein sog. „Nullsteuersatz“ eingeführt

  • für die Lieferung, der innergemeinschaftliche Erwerb, die Einfuhr und Installation
  • von PV-Anlagen, Stromspeichern und wesentlichen Komponenten,
  • soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der PV-Anlage handelt (nicht Händler-Händler-Geschäft) und
  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die dem Gemeinwohl dienen, installiert wird.

Im Gegensatz zu obigen ertragssteuerlichen Regelungen gibt es umsatzsteuerlich somit keine Steuerbegünstigung von Bestandsanlagen und keine erweiterte Grenze von 100 kW.

Für die Anwendung des Nullsteuersatzes ist folglich einzig und allein das Lieferdatum 2023 entscheidend, was bedeutet, dass die Fertigstellung der Anlage im Jahr 2023 erfolgen muss.

Unerheblich für den Nullsteuersatz sind damit das Bestelldatum, das Rechnungsdatum und das Zahldatum.

Um das Liefer- oder Leistungsdatum bestimmen zu können, ist exakt zu prüfen, welche Art von Leistung vertraglich geschuldet wird.

Folgende Konstellationen sind möglich:

  • Werden PV Anlagen / Speicher nur geliefert ohne Montage, gilt als Lieferdatum der Beginn der Beförderung.

 

  • Der Zeitpunkt einer Werkleistung (reiner Einbau von durch den künftigen PV-Anlagenbetreiber beigestellten Modulen) ist der Zeitpunkt der Vollendung der Leistung bzw. bei Vereinbarung einer Abnahme der Abnahmezeitpunkt.

Beispiel:

Sie kaufen die Module selber und bekommen sie noch 2022 geliefert. Ein von Ihnen beauftragter Monteur installiert die Module 2023. Da Lieferung und Montage nicht aus einer Hand erfolgen, liegen zwei getrennte Rechtsgeschäfte vor.

Steuerfrei gestellt wird nur die Montageleistung 2023, während Sie auf die Module unkorrigierbar 19% USt bezahlen, die Sie nur durch einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung vom Finanzamt zurückbekommen; an diesen Verzicht sind Sie 5 Jahre gebunden und müssen 5 Jahre lang Ihre Einnahmen und den Eigenverbrauch der Umsatzbesteuerung unterwerfen.

 

  • Werden die PV Anlagen / Speicher geliefert und installiert, handelt es sich um Werklieferungen. Eine Werklieferung gilt als erbracht, wenn dem künftigen PV-Anlagenbetreiber die Verfügungsmacht am fertigen Werk verschafft wird, was daran gemessen wird, wann die Abnahme erfolgt.

Beispiel:

Sie bestellen bei einem Unternehmer eine PV-Anlage mit 20 kW inklusive Montage („Werklieferung“, da Lieferung und Montage durch den gleichen Unternehmer).

Vertragsgemäß bezahlen Sie im Oktober eine Anzahlungsrechnung mit 10.000 Euro zzgl. 1.900 Euro USt. Der Unternehmer muss 2022 noch 19% USt auf den Abschlag erheben. Sie profitieren (ohne Option zur Regelbesteuerung!) von der Steuerbefreiung, da Ihre Anlage erst 2023 installiert, in Betrieb genommen und abgenommen wird.

Mit der Schlussrechnung 2023 wird die „zuviel“ entrichtete Umsatzsteuer von 1.900 Euro auf die Schlussrate angerechnet, so dass Sie insgesamt nur den Nettopreis bezahlen, sofern Ihr Vertrag eine Netto-Preis-Vereinbarung enthält. Die Erstattung der USt darf ausschließlich bei Fertigstellung mit der Schlussrechnung erfolgen, nicht vorher.

 

  • Definitiv als „geliefert“ gilt eine PV-Anlage, wenn die Inbetriebnahme erfolgt ist.

Nach dem EEG gilt eine Photovoltaikanlage als in Betrieb gesetzt, wenn sie das erste Mal Solarstrom erzeugt hat und dieser Strom außerhalb der Anlage verbraucht wird (erste Stromnutzung), und wenn nur eine Glühbirne zum Leuchten gebracht wird. Die Abnahme von Strom muss nicht über den Netzbetreiber erfolgen.

Eine Anlage, die betriebsbereit, aber nirgends angeschlossen ist und nicht Strom irgendwo hin liefert, ist laut EEG noch nicht in Betrieb genommen.“

Beispiel:

Sie bestellen bei einem Unternehmer eine PV-Anlage mit 20 kW inklusive Montage („Werklieferung“, da Lieferung und Montage durch den gleichen Unternehmer).

Der Unternehmer liefert und montiert die PV-Anlage kurz vor Weihnachten. 2022 ist kein Termin für letzte Arbeiten und den Netzanschluss mehr frei, d.h. 2022 fließt kein Strom mehr durch die Anlage. Da noch nicht alle vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht sind, unterzeichnen Sie noch kein Abnahmeprotokoll in 2022.

Am 07.01.2023 geht die Anlage an Netz. Da die Verschaffung der Verfügungsmacht an der installierten und ans Netz angeschlossenen Anlage erst am 07.01.2023 erfolgt ist, profitieren Sie vom Nullsteuersatz.

 

Fazit:

  • Wenn Sie umsatzsteuerlich von dem neuen Nullsteuersatz profitieren wollen, darf keinesfalls eine Inbetriebnahme in 2022 erfolgen
  • Zudem dürfen Sie für die Lieferung der Module und die Montage bzw. Inbetriebnahme keine getrennten Teilleistungen vereinbaren (die auch in Teilen abgerechnet, abgenommen und bezahlt werden), sondern Ihr Vertrag muss eine Leistung ausweisen, die die Übergabe einer installierten und funktionsfähigen PV-Anlage zum Gegenstand hat. Die Vereinbarung von pauschalen Abschlägen ist hingegen nicht schädlich.
  • Verkäufer / Monteure von PV-Anlagen, Speichern und wesentlichen Komponenten müssen ihre IT bis zum 01.01.2023 umprogrammieren lassen.